Uhlmann, Gabriele
Çatal Höyük – Interpretation am Scheideweg
„Schon seit der Entdeckung in den 1960er Jahren war der neolithische Siedlungshügel Çatal Höyük [i] die Hochburg der AnhängerInnen der Matriarchatsforschung. Dazu kam es, weil der erste Ausgräber James Mellaart die von ihm ausgegrabenen Teile als Kultstätten für eine Muttergöttin deutete. Als erste Hochkultur, die dazu friedlich entwickelt wurde, galt Çatal Höyük als Beweis dafür, dass eine von Frauen dominierte Lebensweise im Gegensatz zum Patriarchat die bessere sei. Aufgeschreckte ArchäologInnen, die offensichtlich den Untergang des christlichen Abendlandes fürchteten und immer noch fürchten, machten sich Anfang der neunziger Jahre auf, dies zu widerlegen, und durften die ehemals von der türkischen Regierung gestoppten Ausgrabungen wieder aufnehmen. So unterschiedlich Christentum und Islam auch sein mögen, in einem ist man sich bis heute einig: eine Muttergöttin, die dem Gottvater vorausgegangen wäre, darf es nicht geben. Der daraus resultierende Ideologiestreit wird in der populärwissenschaftlichen Literatur ausgetragen, denn die aufstrebende Göttin-Bewegung findet ja außeruniversitär statt; im Elfenbeinturm selbst herrscht urväterliche Einigkeit.
Schenken wir der offiziellen Wissenschaft Glauben, so ist gerade Çatal Höyük geeignet, die Muttergöttin samt der Matriarchatsforschung zu entsorgen. Doch dies bleibt nicht unwidersprochen, und MatriarchatsforscherInnen nutzen ihren zeitlichen Vorsprung. Missbräuchlich profilieren sich VertreterInnen beider Lager, die einen mit Aussicht auf eine Dauerstelle an einer Universität, die anderen, um ihre Thesen publikumswirksam vermarkten zu können und persönliche Eitelkeiten auszuleben. Ausgerechnet die offizielle „Wissenschaft“ schreckt vor unlauteren Mitteln nicht zurück und investiert viel Geld in die Beeinflussung der öffentlichen Meinung, so z.B. die große Karlsruher Landesausstellung „Die ältesten Monumente der Menschheit“ 2007. Auch das Internet wird als Austragungsort einer Schlammschlacht genutzt, allem voran bei Wikipedia oder in einschlägigen Blogs. MatriarchatsforscherInnen versuchen das zu ignorieren und eine „Wissenschaft“ vorbei am Mainstream zu etablieren mit allem, was dazu gehört, privaten Akademien, Kongressen und auch VordenkerInnen.“
Wolf, Doris
Was war vor den Pharaonen? : Die Entdeckung der Urmütter Ägyptens
Zürich : KreuzVerl., 1994 Umschlaggestaltung: Jürgen Reichert, Stuttgart Umschlagbil: Urgeschichtliche Göttin, Ägypten (Nagada), 35003000, Höhe 19,5 cm Collection Reine Margot, 7, Quai de Conti 75006 Paris (Foto: JeanLuc MABIT) Satz und Innenlayout: Isabella Ballarin Printed in Germany ISBN 3268001572 scanned by yemenitegreen 2007
Zeittafel Die Urgeschichte der Menschheit zerfällt in drei Perioden: die Alt steinzeit (Paläolithikum), die Mittelsteinzeit (Mesolithikum) und schließlich die Jungsteinzeit (Neolithikum), welche dann ins Zeitalter der Metalle (Bronze, EisenZeit) mündet, s. Anmerkung (1) Ägyptische Urgeschichte: In Ägypten zählt die Zeit vor 5000 zum Paläolithikum (Altsteinzeit), ab 4500 beginnt etwa das Neolithikum (Badari und Nagada IKultur, ab 3500 die NagadaIIKultur). Der kulturelle Umbruch fällt in die Zeit zwischen 3300 und 3000. »Früh zeitliche Schriftzeugnisse belegen etwa um 3100 erste Anfänge eines ge samtägyptischen Königtums, das in Übereinstimmung mit fragmen tarisch erhaltenen ägyptischen Überlieferungen etwa 8 10 Herr schergenerationen vor die 1. Dynastie zurückreicht (daher Dynastie 0) und in seinem letzten Abschnitt auch mit einzelnen Königsnamen (Iri Hor, Ka, Skorpion, Narmer) faßbar ist.« (Kaiser LÄ/VI/1073) »Frühzeit«: 1. und 2. Dynastie (ca. 2950 bis 2640), wird auch »Archaische« oder »ThinitenZeit« genannt. Altes Reich: 3.8. Dynastie (ca. 2640 bis 2134) 1. Zwischenzeit: 9. und 10. Dynastie (ca. 2134 bis 2040) Mittleres Reich: 11.14. Dynastie (ca. 2040 bis 1650) 2. Zwischenzeit, Hyksoszeit. 15. und 16. bzw. 14.17. Dynastie (ca. 1650 bis 1540) Neues Reich: 18.20. Dynastie (ca. 1540 bis 1070) 3. Zwischenzeit, 21.24. Dynastie (ca. 1070 bis 712) Spätzeit: 25.31. Dynastie (ca. 712 bis 332) Griechenherrschaft: ca. 332 bis 30 Römische und Byzantinische Herrschaft: ca. 30 bis 642 u.Z. nach E. Hornung »Grundzüge der altägyptischen Chronologie« 1978 zur Chronologie s. Anm. (13)“